Introjektion – Die verflixte Rechtslage oder der Feind in meinem Kopf – Enneagrammtyp 1

Angst ist der Feind in meinem Kopf – ein Gedanke
Wer Angst hat, hat automatisch ein Feindbild. Das ist bei jedem Menschen so. Das wurde mir durch die Selbsterkenntnis klar. Der Gedanke, falsch zu sein, produzierte die Panikvorstellung abgelehnt zu sein, was sich sehr schmerzlich anfühlte. Alles, was aus dem anderen Munde kam, richtete ich aufgrund dieses Gedankens gegen mich selbst und unterstellte dem Gegenüber Bösartigkeit bzw. Ablehnung. Mir aufgetragene Aufgaben, die ich eigentlich gern machte, empfand ich manchmal sogar als demütigend. Es war, als ob mir andere absichtlich etwas antaten.

Was tun? Schmerzkompensation!
Um den Schmerz des Gedankens „Ich bin falsch.“ nicht zu fühlen, wollte ich mein Richtigsein beweisen. Mir sozusagen eine Daseinsberechtigung verschaffen, indem ich der Streber war, mich mit meinem Wissen identifizierte, rechthaberisch kämpfend um Richtigstellung, Anerkennung usw.. Der Wunsch nach dem Richtigsein, Rechtsein mündete unbewusst in meine Ausbildung zur Volljuristin. Zu meiner Strategie zählte es auch Kontakt zu meiden, damit mein angenommenes Falschsein nicht erkannt würde und um meine schmerzlichen Gefühle zu verbergen. Ich war damit beschäftigt ein gutes, rechtes Bild abzugeben als Mensch und Mutter, weil ich mich seit meiner Kindheit so falsch und dadurch abgelehnt glaubte. Ich wollte, dass die anderen sich ändern. Und ich wollte nicht so sein wie die, die ich ablehnte und die mich scheinbar ablehnten. Alles erwies sich dauerhaft als untauglich, um dem Schmerz des Gedankens zu entkommen. Er war mehr schlecht als recht gedeckelt. Manchmal verdrängte ich den Schmerz so tief bis zur Verleugnung, doch meistens zeigte er sich sehr offensichtlich in Form riesiger Traurigkeit, Angst, Wut, Hass auf mich und den vermeintlichen Feind sowie körperlicher Anspannung. Stress pur. Dann gestand ich mir ein: Es geht nicht darum, dass die anderen sich ändern. Es geht wirklich nur um meinen Frieden. Ich war bereit, den vermeintlichen Feind als meinen Spiegel anzuerkennen. In der Umkehrung zu mir beschuldigte ich mich jedoch damit auch wieder selbst, so dass ich mich weiterhin anklagte und richtete. Wo ist nun die Lösung?

Die Umkehr – Selbsterkenntnis
Langsam beginne ich zu erkennen, dass das, was ich beim anderen ablehne, Ur-Teile, sprich Gedanken sind, die ich auf den anderen und auf mich projiziere. Diesen Urteilen bzw. Interpretationen schenke ich spontan Glauben. Das ist der Feind in meinem Kopf. Somit kreiere ich eine falsche Identität und eine feindselige Wirklichkeit.

Die Wirklichkeit kennt keine Feinde – Erlösung
Nun ist klar: Nichts ist falsch, böse, hässlich, schrecklich, schlimm oder furchtbar, bis dass ich es so nenne. Ich bin nicht der Name, die Benennung. Die Wirklichkeit kennt keine Bewertung. Die ganze Gewalt entsteht im Kopf. Der Verstand urteilt und erschafft eine duale Welt. Wenn ich auf die Welt ohne Bewertung schaue, gibt es keinen Feind und auch kein Falschsein. Ohne den Stempel bin ich immer perfekt in der Einfachheit meines Seins. Die Dinge passieren. Sie sind, wie sie sind. Es ist Schönheit – diese Schönheit hat kein Gegenteil. Was für eine Erleichterung. Kein Wehklagen mehr. Die Erkenntnis, dass es lediglich Gedanken sind, lässt mich gelassener sein mit mir, anderen und der Welt. Es bedeutet nicht, dass es mir egal ist, was in der Welt geschieht. Es ermöglicht erst das Hinschauen, das reine Sehen, statt wegzuschauen und in Kontakt zu sein durch Mitgefühl. In diesem liebenden Selbstkontakt hat sich die krampfhafte Suche nach sozialen Kontakten und der gleichzeitige Abwehrmechanismus erledigt. Es ist eine innere Versöhnung mit mir und der Welt.

 

Autor: Ellen Port

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