Vom Kinderwunsch zur Geburt des göttlichen Wesens, das ich bin

Die meisten Menschen wünschen sich Kinder. Viele Eltern sagen: „Ich habe mir schon immer Kinder gewünscht und es ist etwas Wundervolles ein Kind zu bekommen und es aufwachsen zu sehen.“ Oder: „Kinder sind das Schönste, was es gibt auf der Welt!“ Oder: „Kinder machen glücklich!“ Doch was genau steckt hinter einem Kinderwunsch? Wer bereit ist, wirklich ehrlich nach innen zu sehen, wird hinter jedem Kinderwunsch eine schmerzliche Geschichte finden.

Meine persönliche Geschichte ist, dass ich ohne ein eigenes Kind und ohne eine eigene Familie wertlos bin. Ich habe geglaubt, dass erst, wenn ich ein Kind habe und eine eigene Familie, mein Leben wertvoll und vollkommen ist. Ich habe auch geglaubt, dass ich erst dann wirklich glücklich und von der Gesellschaft anerkannt sein kann.

Eine weitere schmerzliche Geschichte, die meine Handlung antrieb, war „Ich brauche das, was andere haben“, also auch ein Kind, ein eigenes Kind, denn wenn ich das nicht habe, bin ich weniger Wert als die, die es haben. Und ich brauchte eine Familie zum Vorzeigen. Als Enneagram Typ 3 – der Imagetyp bin ich in meinem Verhalten auf Erfolg und gutes Image ausgerichtet. Ich denke: Ich muss ein gutes Bild nach außen abgeben, um Anerkennung dafür zu bekommen. Das Bild von einer schönen Familie gehört mit dazu. Es ist ein Bild in meinem Kopf, das unbedingt erfüllt werden will, weil ich mir darüber einen Wert verspreche.

Blind und wie ein Automat dieser Konditionierung folgend habe ich mir einen Mann ausgesucht, der in mein Schönheits-, Erfolgs- und Familienbild passt, der das verkörpert, was perfekt zu meinem Image passt. Ich habe auf mich als ein schönes weibliches Geschöpf aufmerksam gemacht, um ihn zu bekommen. Ich habe ihm das gegeben, was er wollte – Sex, um ihn zu halten und an mich zu binden. Ich habe mich verkauft, an das Bild in meinem Verstand. Gefühle von Euphorie und Verliebt-Sein überkamen mich, da das Bild, das ich mir in meinem Kopf ausgemalt hatte, sich zu erfüllen nahte. Nach einer Weile bekamen wir ein Kind. Das Bild von einer schönen Familie war perfekt, das Bild in meinem Kopf war erfüllt. Ich war überglücklich, in Trance die Erfüllung genießend. Doch dieses Glücklichsein hielt nicht lange an. Es war eine Droge, gekoppelt an die Erfüllung eines Gedankens, deren Wirkung wieder nachließ. Der Alltagsstress holte mich ein. Das Leben mit einem Baby, sich um das neue Wesen zu kümmern, alles andere auf der Strecke zu lassen, forderte mich heraus. So sehr ich mir dieses Kind gewünscht hatte, so oft war es mir im Weg. Ich war im Zwiespalt. Das Kind war da, aber mein Verstand rebellierte dagegen. Ich konnte mein erfolgsorientiertes Leben nicht führen. Ich konnte nichts anderes mehr tun, war „nur noch“ Mutter und es war alles andere als erfüllend. Mein erfolgsorientiertes Verhalten floss auch in die Kindererziehung. Ich gab mein Bestes, ich strengte mich an, eine gute, bessere Mutter sein, um mir meinen Wert darüber zu beweisen. Ich orientierte mich dazu an alternativen Erziehungskonzepten, wollte es besser machen, besser sein, als die anderen Eltern und als meine Eltern, auch als der Vater. Es war purer Stress und unmöglich meinen Wert dadurch aufzufüllen. Ich fühlte mich benachteiligt, wenn ich mehr Zeit mit dem Kind verbrachte als der Vater, wollte Gleichberechtigung, um das schmerzliche Gefühl zu kompensieren. Das so ersehnte, glückliche Familienleben wandelte sich in einen Kampf. Das schöne Bild von Familie, das sich erfüllt hatte, füllte mich nicht aus. Das erhoffte Glücklichsein blieb aus.

Was habe ich getan?

Perfekt von der Schöpfung arrangiert – damit ich mein schmerzliches, aggressives Verhalten erkennen kann, wurde mir das perfekte Kind
vor-gestellt. Sie hat viel geschrien, hat einen sehr starken Willen, will unbedingt immer das, was andere haben, ist durchsetzungsstark und ganz und gar kein Vorzeigekind im weltlichen Sinne. Der Glaubenssatz „Ich brauche das, was andere haben“ hat sich bereits durch mich auf sie übertragen. Sie ist der perfekte Spiegel meines Verhaltens. Sie ist da, damit ich mich in ihr erkennen kann. Perfekt. Die Bereitschaft, das zu sehen, ist der Anfang der Befreiung.

Durch die Überprüfung der schmerzlichen Gedanken:
– Ich brauche das, was andere haben
– Ich brauche ein gutes Image, um wertvoll zu sein
– Ich brauche Anerkennung
– Ich brauche eine eigene Familie, um wertvoll zu sein
– Ich brauche es erfolgreich, begehrt und beliebt zu sein
– Ich brauche es, mein Bild von Schönheit, Erfolg, Familie zu erfüllen

wird klar, wie aggressiv mein Verhalten ist, wenn ich diesen Gedanken glaube und folge. Wie ich mich durchsetze, um zu bekommen, was ich will. Wie laut ich in meiner Selbstdarstellung bin, wenn ich mich schön mache, wenn ich durch dieses Schönheitsbild auf mich aufmerksam mache, um begehrt und beliebt zu sein. Wie aggressiv ich bin, wenn ich an meinem Familienbild festhalte, wenn ich das Kind oder den Mann nach meiner Vorstellung haben will, damit sie in mein eigenes Bild passen. Es ist pure Gewalt, Aggression, Kampf, Stress.

Selbsterkenntnis ist Befreiung. Selbstkontakt ist der Kontakt zu dem göttlichen Wesen, das Ich Bin.

Diese Erkenntnis ist gleichermaßen die Befreiung aus dem Gefängnis meines Bildes. Es wird klar, dass der Wert meines Seins niemals von einem Bild abhängig ist. Mein wahres, liebendes Wesen kommt zum Vorschein. Es ist Liebe, Demut. Es wird klar, dass das wahre, liebende Wesen, das ich bin, immer da ist und immer vollkommen ist. Es ist eine völlig neue Sicht, ein neues Leben. In Kontakt mit diesem wahren, liebenden Wesen, das ich wirklich bin, ist klar, dass der Wert meines Seins unantastbar und immer da ist. Er ist unabhängig von äußeren Bedingungen, Schönheitsbild, Erfolgsbild, ob ich Kinder habe oder nicht. Niemand kann ihn mir nehmen und niemand geben. Diese Würde ist in jedem Menschen gleichermaßen vorhanden, sie ist unantastbar.

Durch diese wesentliche Erkenntnis passiert die Umkehr. Die neue Sicht ermöglicht mir eine liebende, freilassende, vertrauende Mutter zu sein. Das bedeutet Loslassen von den eigenen Vorstellungen, wie das Kind zu sein hat. Das bedeutet, es dem Vater zu überlassen, wie er mit dem Kind umgeht, auch wenn es völlig konträr zu meiner Vorstellung ist. Es bedeutet auch, es ihm zu überlassen, wann er mit dem Kind ist, mich nicht einzumischen. Es bedeutet auch, das Kind nicht als Bindeglied für den Zusammenhalt der Familie zu benutzen und es dem Vater zu überlassen, wenn er jetzt seinen eigenen Weg geht.

Es ist nicht unser wahres Wesen zu kämpfen, und sich bestimmte Vorstellungen, Bilder in unseren Köpfen zu erfüllen. Der daran gekoppelte Stress ist der Weckruf, wieder zurück zu kommen in das wahre Wesen, das ich bin. Es ist die Erinnerung, dass ich das wahre Wesen verlassen, vergessen habe. Die Entscheidung, in Kontakt mit diesem wahren, göttlichen Wesen, das ich bin, zu sein, ist in jedem Moment möglich. Dieser Selbstkontakt befähigt mich dazu, die Liebe auch im Kind zu sehen, in Kontakt mit dem Kind zu sein und es auf einer Augenhöhe in Freude ins Leben zu begleiten. Selbst in Liebe zu sein, statt sie vom Kind oder vom Partner zu wollen. Selbst wertvoll zu sein, statt den Wert durch äußere Bestätigung zu suchen – das „Göttliche Wesen“ hier auf der Erde zu sein.

Autorin: Tatjana Haas

Verantwortlich für den Inhalt des Artikels ist die Autorin.

Weitere Beiträge der Autorin sind erschienen auf www.sein.de – ein Onlinemedium für ganzheitliches Leben und spirituelle Entwicklung.